Die Philosophie der Romantik


Diese Seite wurde aus einer Handreichung eines Vortrages zu obiges Thema 1995 im Rahmen des Deutsch-Leistungskurses erstellt.

Gliederung

  1. Der deutsche Idealismus

    1. Kant
    2. Fichte
    3. Schelling
  2. Die Philosophie der Romantik

    1. Romantisches Leben und Denken
    2. Schlegel
    3. Höderlin
    4. Novalis

  3. Literaturhinweise und -quellen


Der Deutsche Idealismus

Während alle Einzelwissenschaften es
mit Gegenständen zu tun haben,
betrachtet die Philosophie das Wissen selbst.

Fichte

1. Kant

Der deutsche Idealismus folgte auf die Aufklärung. Dessen Hauptvertreter Kant vertrat in seiner "Kritik der reinen Vernunft" die Ansicht, das wir unsere Erkenntnis aus unseren Sinneswahrnehmungen und etwas, das von Anfang an in unserem Verstand ist, formen. In Analogie dazu nehme man ein Glas Wasser. Sei das Wasser die Sinneswahrnehmungen, so ist das Glas, welches dem Wasser erst die Form gibt, dieses Etwas, das a priori (d.h. vor der ersten Erkenntnis) in unserem Verstand vorhanden ist.

Wer geben unseren Sinneswahrnehmungen z.B. Form, in dem wir sie in Raum und Zeit interpretieren. Das Denken in Raum und Zeit sieht Kant als ein solches Etwas grundvorraussetzliches an.

Eine andere Analogie besagt, daß wir die Dinge durch eine, sagen wir blaue Brille betrachten. Wenn wir von Geburt an solch eine Brille tragen (die hier das apriorische Etwas symbolisiert), dann sehen wir alles in Blautönen. Über die Dinge an sich wissen wir nichts.

2. Fichte

Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), der erste von den beiden hier vorgestellten Idealisten, besitzt eine andere Ansicht. In seinem philosophischem System, der Wissenschaftslehre, lehrt er, daß zuerst der Verstand da ist, der in einem aktiven Prozeß die Natur schafft. (Später modifizierte Fichte seine Philosophie, was jedoch für die Betrachtung in Hinsicht auf die Literaturströmung der deutschen Romantik nicht relevant ist). Das Ich, reine Tatkraft per se, schafft sich, um überhaupt etwas zu tun zu haben, ein Hindernis, eine Barriere, gegen die es anstürmen kann: das Nicht-Ich, die Welt also.

In seiner Ethik sieht Fichte in der menschlichen Trägheit das "Radikal-Böse im Menschen". Das Ich hat die "Welt", das Nicht-Ich, geschaffen, um sie zu überwinden. Daher ist es das Streben des Menschen, sich innerlich unabhängig von allen äußeren Einflüssen zu machen. Solche Freiheit ist zwar in Vollkommenheit ein im Unendlichen liegendes Ziel, Vervollkommnung aber ist die Bestimmung des Menschen. Interessanterweise kommt Fichte trotz seiner individualistischen Ethik in seiner Staatslehre als erster auf deutschem Boden zu einem sozialistischen Staatswesen.

3. Schelling

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775-1854) kam als 23jähriger durch Erwirken Goethes als außerordentlicher Professor nach Jena. Dort geriet er in engen Kontakt mit dem Kreise romantischer Dichter um die Brüder Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Tieck und Novalis. Er heiratete die um zwölf Jahre ältere Karoline Schlegel nach deren Ehescheidung. Schelling lebte sich in geistigem Austausch mit diesem Kreis, bei welchem er ebenso Gebender wie Empfangender war, so in die Geisteswelt der Romantik ein, daß er als eigentlicher Philosoph der Romantik in Deutschland bezeichnet werden kann. Seine Jenaer Arbeiten kann er nie systematisieren, so das sein Werk ähnlich wie das seiner romantischen Dichterfreunde unvollendet blieb.

Schellings System, wie er es in seinen Jenensern Jahren vortrug, wird Identitätsphilosophie genannt. Er kehrt hier Fichtes Verhältnis von Geist und Natur um: Nicht die Natur ist das Produkt des Geistes, sondern der Geist ist das Produkt der Natur. Schelling fragt sich: Wie ist von der Natur her, in der Natur, das Ich oder der Geist möglich? Möglich ist es nur, weil die Natur ursprünglich Geist ist, Geist von unserem Geiste; weil Natur und Geist, Reales und Ideales, im tiefsten identisch sind.

Man kann also den Geist, überhaupt jegliches Leben, aus der Natur heraus nur verstehen, wenn man die Natur nicht als etwas Totes, Mechanisches, als eine Zusammenballung von Atomen versteht, sondern als ein einheitliches Ganzes, dessen tiefstes Wesen lebendige Urkraft ist.

Die Natur ist unendliche Tätigkeit. In allen einzelnen Erscheinungen, in welchen sich die Urkraft - das Absolute, darstellt, bestehen zwei Reihen: eine Reihe, in der das Objektive, das Reale, überwiegt (die Natur im engeren Sinne), und eine Reihe, in der das Subjektive, das Ideale überwiegt (Geist und Geschichte). Am Ende der einen Reihe steht die Materie als tote Masse, am Ende der anderen Reihe steht die vollendete Selbstdarstellung des Geistes in Philosophie und Kunst. In keiner einzelnen Erscheinung aber ist nur das eine oder nur das andere - denn beide sind ja nicht entgegengesetzt, sondern identisch. Es handelt sich stets nur um ein quantitatives Mehr oder Weniger.

Dieser großartige Gedanke Schellings - natürlich geht er auf Spinoza zurück -, der den Geist ganz in die Natur einordnet, der in der Natur die unbewußte Tätigkeit des Geistes, im Geiste das Sich-selbst-bewußt-Werden der Natur sieht, hat in der deutschen Geistesgeschichte, nicht nur in der Naturwissenschaft, sondern auch in der Kunst, als fruchtbare Anregung fortgewirkt.

Als Geist vom Geiste der Romantik erweist sich Schellings Lehre auch in seiner philosophischen Ästhetik. Die Kunst ist für ihn das Gebiet, in dem Welt und Ich, Reales und Ideales, unbewußtes und bewußtes Wirken der Natur in vollendeter Harmonie erscheinen. Auf theoretischem Weg kann diese Harmonie nicht erkannt werden (!!). Man kann das Geheimnis des Einsseins von Geist und Natur höchstens in "intellektueller Anschauung" ahnend, fühlend (intuitiv) erfassen. Das Kunstwerk aber, eine bewußte Schöpfung des Menschen und doch im Letzten ein Produkt des unbewußt schaffenden Grundes der Natur, stellt diese Einheit in vollkommener Form dar - womit es zugleich den Grundgedanken der Identitätsphilosophie bestätigt.

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Philosophie der Romantik

What, if you slept. And what, if you dreamt.
And what, if, in your dream, you see a strange and beautiful flower.
And what, if you plugged it. And what, if you awoke.
And what, if you have the flower in your hand.
Uh, what then?

1. Romantisches Leben und Denken

"Die Romantik ist eine Lebensstimmung eigener Art. Und darin liegt die Unmöglichkeit, ihr Wesen begreiflich zu bestimmen. Aber sie ist weit entfernt, in der Gefühlswelt aufzugehen. Sie kennt wohl den Taumel im Bewußtsein des Unbegreiflichen, aber das ist nur eine Schwächeerscheinung des Einzelnen, die Ohnmacht des Bewußtseins vor der Größe der Sache, die ihm vorschwebt. Hinter allen Stimmungswerten, wie sie uns die romantische Dichtung vermittelt, leuchtet ein inhaltliches Etwas durch, ein neuer Sinn und Gehalt des Lebens, ja ein Leben selbst in neuem Sinne. Irgendwie verborgen in der Tiefe des eigenen Wesens, und mittelbar erschaubar in ihm, schwebt dem Romantiker die Lösung der ewigen Welträtsel vor. Hier ist ein Punkt, um den sich ihm alles dreht, hier ist die Wurzel des Seins, hier aber auch die Wurzel alles Wertvollen. Nicht fremd steht der Innenwelt des Menschenherzens die äußere Natur gegenüber. Ein neuer Sinn der Wahrheit leuchtet auf im ahnende Wiedererkennen des eigenen Wesens in den Gebilden der kosmischen Mannigfaltigkeit. Ein neuer Sinn des Schönen und eine neue Aufgabe der Kunst blitzt auf in diesem Transparent werden des Natürlichen. Eine Ironie und ein Versteckspiel ist die Endlichkeit der Dinge, eine Selbstverkennung und ein Selbstbetrug die Gebanntheit des Menschenblicks in diese Endlichkeit. Nicht jenseits des Endlichen, sondern mitten in ihm steht überall in unmittelbarer Nähe, dennoch ewig ungreifbar, das Unendliche. Des Künstlers Tat ist, es lichtvoll im Endlichen erscheinen zu machen. Sein ist der Zauberstab, der den verborgenen Geist weckt." (in [Hartmann74])

Die sittlichen Werte und Ziele bestehen darin, sich selbst ohne Maske und Lügen zu leben.

Romantik ist mit der Mystik im tiefsten Wesen verwandt. Sie ist Gegner der Aufklärung: Das Verständliche, Begreifliche, Nützliche, Praktische ist ihr das Unwirkliche, Wesenlose. Nur im Leben der Idee ist die wahre Wirklichkeit.

Jeder Romantiker ist auch Philosoph. Jedoch bewegten sich die Romantiker mit vorlieben auf der Grenzscheide zwischen Philosophie und Dichtung. Philosophie und Dichtung fließen zu einem Ganzen zusammen. Dies bedeutet jedoch oft, daß die Philosophie symbolisch verschwimmt, die Dichtung gedanklich-metaphysisch überlastet wird. Ausnahmen sind die eigentlichen Philosophen wie Schelling und Schleiermacher. Hegel wächst über die Romantik weit hinaus.

Alle Spontanität liegt nach Fichte in der produktiven Einbildungskraft. Das Schaffen der Dichtung wurzelt in allen Umständen in ihr, es ist der Brennpunkt der Romantik. Das Seelenleben ist unerschöpflicher Formenreichtum. Diese Ichkonzentration bringt ein Feingefühl für fremde Geistesart mit sich. Dies erklärt die sich entwickelnde Literatur- und Geistesgeschichte in dieser Zeit.

2. Schlegel

2.1. Ideen zur Philosophie

Das Lebensziel des Friedrich Schlegel ist die Einheit von Poesie und Philosophie, die ihm jedoch nie gelang. Für ihn ist Philosophie Schönheit, er kommt zur mystischen Identität von Philosophie und Poesie.

Schlegel etabliert die Philosophie des Witzes, der Ironie: Der (phil.) Witz ist diejenige Form des Geistigen, die bleibt, wenn jede andere Form versagt. Es ist das Bewußtsein dieses Versagens; das Lachen über die Kläglichkeit seiner Tat.

2.2. Ideen zum Wesen der Kunst

Der Dichter soll nicht hinter seinem Werk verschwinden. Der Künstler vermittelt den Menschen die Idee und das Unendliche. Das Tun des Künstler grenzt unmittelbar an Religion.

2.3. Ethik

Für Schlegel ist der Mensch ein ganzer unendlicher Mikrokosmos, dessen metaphysische Bestimmung seine Selbsterfahrung ist. Nur durch die Liebe und das Bewußtsein der Liebe wird der Mensch zum Menschen.

3. Hölderlin

Hölderlin ist ganz Dichter. In frühen Entwürfen zeigt er Kritik an Fichte. Im Ganzen hat er ein mystisch-pantheistisches Naturgefühl, mit dem er Schelling beeinflußt.

Von Hölderlin stammt womöglich ein Systementwurf, der erst Schelling zugesprochen wurde. Das Ich ist hier die erste Idee. Dann tritt die ganze Welt aus dem Nichts hervor!! Die Idee der Menschheitsgeschichte soll "das ganze elende Machwerk" von Staat, Verfassung, Regierung und Gesetzgebung bis auf die Haut "entblössen." Das freie, geistige Wesen trägt die moralische Welt, Gottheit und Unsterblichkeit in sich. Oberstes Prinzip ist das Prinzip der Schönheit, der höchste Akt ist ein ästhetischer Akt. Die Poesie bekommt eine "hohe Würde", wird Lehrerin der Menschheit. Dies ist ein Grundgedanke der Romantik.

4. Novalis

Seine Philosophie ist am nächsten verwandt mit Schellings Naturphilosophie, nur verschwindet die kritische Grenze zwischen Dichtung und Wissenschaft fast vollständig.

Novalis' Ausgangspunkt ist Fichte und die Tatkraft des Willens. Für Novalis ist der Willen allmächtig.

Er will beim Insichgehen das Wunderland Seele, ihren unendlichen Reichtum entdecken. Für ihn sind Phantasie und Verstand nur beschränkte Teilfunktionen vom eigentlich Schöpferischen: der Genialität. Genie ist der Wesenskern des Menschen. Das Sich-selbst-erfassen beim Dialog mit dem "idealistischen Ich" bringt wahre Erkenntnis. Die Innenwelt ist den Menschen Heimat und Vaterland, denn hier ist das Ideale real.

Dabei ist der Blick nach außen die Orientierung nach innen, denn Natur und Geist sind ja identisch. Diese Identität gewinnt Novalis jedoch weder aus dem Pantheismus noch aus der Identitätsphilosophie, sondern aus Fichtes aktivistischem Idealismus. Für Novalis kann sich das Ich sogar über das Nicht-Ich hinwegsetzen; es ist reine Trägheit des Geistes, sich dauernd in ein und der selben Welt aufzuhalten.

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Literaturhinweise:

Zu Kant und dem deutschen Idealismus (auch sonst für Philosophie-Interessierte ein empfehlenswertes Buch):

Zur Philosophie der Romantik: Letzteres Werk stammt eigentlich aus den 20er Jahren, was den Inhalt jedoch keinesfalls schmällert.

 


 

 

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Last modified: Fri Nov 23 19:57:38 CET 2001