next up previous contents
Next: 8 KODA und MAES: Up: Empirische Befunde zur Wirkung Previous: KING und OHYA: Agentenrepräsentationen

7 VAN MULKEN et al.: Der Persona Effekt

 

van Mulken et al. führten ein Experiment mit ihrem PPP (,,Personalized, Plan-based Presenter``) genannten System durch. (van Mulken et al. (1998) beschreiben vorwiegend das Experiment, André, Rist und Müller (1998) gehen vorwiegend auf das System ein.) PPP ist eine comic-artige, menschliche Figur, die Führungen bzw. Präsentationen im Netz gibt. Ihr Verhalten wird durch Anweisungen in einem Skript festgelegt. Insbesondere sind dies Zeigebewegungen in Kombination mit Sprachäußerungen mittels Sprachsynthese. Außerdem besitzt PPP eigenes Verhalten, um es lebhafter erscheinen zu lassen. Tabelle 5 gibt eine Klassifikation dieses eigenen Verhaltens <nach>andre. Das entgültige Verhalten ergibt sich aus den Skript-Anweisungen und dem eigenen Verhalten.

 

Aktionstyp

Zweck Beispiel

Pausen

einen lebendigeren Eindruck schaffen, ohne abzulenken umhersehen, -schlendern
Navigation die Person zur nächsten Position zu bewegen umdrehen und laufen
sofortige Reaktion auf externe Ereignisse, die direkte Rückmeldung verlangen, reagieren springen

Tabelle 5: Eigenes Verhalten des PPP

 

7.1 Untersuchte Fragen

Die Autoren fragten sich,

Für den ersten Teil erwarteten van Mulken et al. eine positivere Bewertung für den PPP.

7.2 Das Experiment

15 weibliche und 13 männliche Personen nahmen an dem Experiment teil, allerdings wurden die Daten zweier Versuchsteilnehmer aus technischen Gründen nicht berücksichtigt. Das Durchschnittsalter betrug 28 Jahre.

Es gab zwei unabhängige Variablen:

  1. die Darstellung des präsentierenden Agenten: zum einen ein animierter Agent (Persona vorhanden), zum anderen ein sprechender Zeigestock (Persona abwesend).
  2. der Informationstyp: zum einen technisch, zum anderen nicht-technisch.
Die erste Variable wurde interindividuell, die zweite intraindivuell variiert: jede Versuchsperson sah beide Typen von Informationen, aber jeweils entweder nur mit oder ohne Agent.

Der animierte Agent nutzte einen Zeigestock, um auf Dinge zu zeigen. Um wirklich nur die Anwesenheit des Agenten auszuschalten, behielten die Autoren den Zeigestock in der Versuchsbedingung ohne animierten Agenten bei.

Für die technische Versuchsbedingung benutzten van Mulken et al. die Informationen über vier verschiedene Flaschenzugsysteme. Die Probanden mußten später Fragen zur Konfiguration und der Kinematik der Systeme beantworten. Bei der nicht-technische Versuchsbedingung wurden zehn fiktive Institutsmitarbeiter mit Photo, Name, Beruf und Zimmernummer vorgestellt. Hier sollten sich die Versuchspersonen an diese Angaben nach der Präsentation erinnern.

Die Probanden sahen zunächst vier Präsentationen über Flaschenzüge und dann die Präsentation über die fiktiven Mitarbeiter. Nach jeder Präsentation mußten sie die Schwierigkeit der Präsentation einschätzen und einen Test durchführen. Zum Schluß füllten sie einen Fragebogen aus.

7.3 Ergebnisse

Im Falle des technischen Systems (Flaschenzüge) fanden die Probanden die Erklärungen leichter verständlich, wenn sie von dem animierten Agenten gegeben wurden. Dagegen gab es keinen Unterschied in der Präsentation der fiktiven Mitarbeiter. Auch wurde bei der Flaschenzug-Bedingung der animierte Agent als hilfreicher und unterhaltender angesehen als der Zeigestock. Wieder gab es diesen Unterschied nicht bei der Mitarbeiter-Repräsentation.

Angesichts dieser Domänen-Spezifik stellten van Mulken et al. die Hypothese auf, daß dieser Effekt am Aussehen des animierten Agenten liege: der Agent trug einen ,,Blaumann`` und hätte somit sehr gut zur technischen Flaschenzug-Präsentation gepaßt.

van Mulken et al. fragten die Probanden, ob sie sich von dem animierten Agenten abgelenkt fühlten, und ob er ihnen geholfen hätte, sich zu konzentrieren. Sie verglichen die Werte der beiden Informationstypen und stellten keinen Unterschied bzgl. der Ablenkung fest. Bei dem Flaschenzugsystem fühlten die Probanden sich jedoch signifikant konzentrierter.

Die Zahl der Fehler in den Antworten auf die Fragen zu den Präsentationen unterschied sich nicht signifikant zwischen der Bedingung mit dem animierten Agenten und dem Zeigestock. Hier gab es keine Unterschiede zwischen den Informationstypen.

Im Falle des Flaschenzug-Systems wurden korrekte Antworten auf die Problemlöse-Fähigkeit des Probanden in Zusammenwirkung mit einem adäquaten mentalen Modell gewertet. Im Falle der Mitarbeiter-Bedingung baten van Mulken et al. die Versuchspersonen, sich an die Namen und Berufe der vorgestellten Personen zu erinnern. Eine korrekte Antwort führten sie auf die Gedächtnisleistung des Probanden zurück. So kamen sie zu dem Schluß, daß ein animierter Agent weder zu erhöhten Problemlöse-Fähigkeiten noch zu einer höheren Gedächtnisleistung anregt.

50% der Probanden würde eine Präsentation mit einem animierten Agenten bevorzugen, 43% würden dies von dem zu präsentierenden Material abhängig machen und 7% wünschten sich Präsentationen ohne animierten Agenten.


next up previous contents
Next: 8 KODA und MAES: Up: Empirische Befunde zur Wirkung Previous: KING und OHYA: Agentenrepräsentationen

Erik Pischel
Mit Jan 3 18:11:33 CET 2001