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Grundlagen der graphischen Oberfläche

Bereits 1945 stellte sich Vanaver Bush in seinem ,,memex`` computer vor, daß Nutzer in Zukunft mit der Maschine durch eine graphische Oberfläche interagieren würde. In den 60er Jahren wurden dazu die ersten Versuche unternommen. Engelbarts NLS ist ein Beispiel; er entwickelte zudem 1963 die Computermaus, die erst zehn Jahre später beim Alto System richtig zum Einsatz kommen sollte.

Ein anderes Beispiel ist die ebenfalls bereits erwähnt FLEX Maschine von Alan Key. Sie hatte ein Tablett als Zeigergerät und ein hochauflösendes Display für Text und animierte Grafik. Es gab bereits ,,multiple windows``, d.h. mehr als ein Fenster, es gab in gewisser Weise Icons und eine objektorientierte Hochsprache, die vom System ausgeführt wurde. Und es gab eine Benutzerschnittstelle, allerdings eine, die den Nutzer eher abschreckte.

Gegen Ende der 60er Jahre las Key McLuhans ,,Understanding Media`` gif. Dieser beschreibt, wie ein Medium das Denken der Menschen beeinflußt. So sei z.B. die Wandlung vom hermeneutischen Mittelalter zur wissenschaftlichen Neuzeit die Folge der Erfindung des Buchdrucks. Das Medium Buch bzw. Presse veränderte das Denken der Menschen, so sein Argument. Wenn der Personalcomputer wirklich ein neues Medium war, so McLuhan, so würde er das Denken der gesamten Zivilisation verändern! Er würde die Interaktivität, die vom damals neuen Medium Fernsehen und Film zurückgenommen und durch Passivität ersetzt wurde, zurückgewinnen und die Statik des Buches durch Dynamik ersetzen. Alan Key manifestierte diese Idee in seinem Dynabook.

Die zweite wichtige Erfahrung machte Key durch die Programmiersprache LOGO. Er konnte sich an Schulen davon überzeugen, wie spielend Kinder mit dieser Sprache umgehen konnten und was sie damit alles machten. Key begriff, daß der Computer als Medium auch von Kindern benutzt werden müßte. LOGO zeigte ihm, daß dies möglich war, und wie es möglich war.

Wie hatten die Entwickler von LOGO gelernt, eine Sprache so zu entwickeln, daß sie von Kindern bedient werden konnte? Die Antwort ist der berühmte Entwicklungspsychologe Jean Piaget. Nach seiner Theorie vollzieht sich die Entwicklung des Denkens in mehreren Phasen: der Bewegungsphase (,,sensomotorische Stufe``), der visuellen Phase (,,präoperationale Stufe``) und der symbolischen Phase (,,konkrete Operationen``). LOGO setzte diese Erkenntnisse um.

Jerome Bruner, ein Nachfolger Piagets, forschte weiter auf diesem Gebiet. Die Interpretationen seiner Experimente liefern eine der wichtigsten Grundlagen für das Design von Mensch-Maschine-Schnittstellen, so Alan Key. Bruner behauptet, daß wir mehrere verschiedene Denkschematas besitzen. Sie haben verschiedene Fertigkeiten und stehen oft in Konflikt miteinander. Er benannte drei von ihnen, die mit den Stufen von Piaget korrespondieren: das Bewegungsschema, das bildliche und das symbolische Schema.

Key folgerte: Wenn wir diese drei Schemata besitzen, dann sollte jedes Schnittstellendesign sie auch ansprechen. Ein Schema allein kann nicht alle Antworten auf alle Fragen des menschlichen Denkens und des Problemlösens geben. Daher sollte jedes dieser Schemata angesprochen werden. Ein weiterer Punkt ist der Unterschied zwischen bildlichen und symbolischen Schema: das bildliche ist an allem in der Umgebung interessiert, es wechselt ständig den Kontext. Hier ensteht auch Kreativität. Das symbolische Schema verbleibt in einem Kontext und stellt Verbindungen her. Es ist für abstrakte Gedankengänge verantwortlich. Sinnvollerweise sollte, so Key, eine Benutzerschnittstelle Synergien aus beiden Schemata gewinnen. Er brachte all dies auf den Slogan: Doing with Images makes Symbols. Nachfolgende Tabellegif soll dies nochmals verdeutlichen und die Verbindung zur graphischen Benutzerschnittstelle des Alto herstellen

DOINGMausBewegungsschema wissen, wo du bist, manipulieren
with
IMAGES Icons, Fenster bildliches Schemaerkennen, vergleichen,zusammenstellen
make
SYMBOLSSmalltalk symbolisches SchemaVerbinden von langen Ketten von Argumenten, logischen Schlüssen,abstraktes Denken

Trotz dieser Theorie benötigte das Team im PARC fünf Jahre, um das erste nutzbare Design zu erstellen, das sich Bruners Model zu Nutze machte und funktionierte. Dies lag möglicherweise daran, daß sich die Theorie besser dazu nutzen ließ, Ideen zu überprüfen als welche aufzustellen.



 
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Erik Pischel
Mon Nov 15 22:24:19 CET 1999